Waldmeer-Regatta
Waldmeer-Regatta
Seit einigen Jahren kreist wieder der Wanderfalke (Falco peregrinus) über den Gipfeln des Bayerwaldes
Blick über das Waldmeer vom Großen Falkenstein
Die Hochlagen des Bayerischen Waldes im Grenzgebirge zwischen Bayern und Böhmen bilden die größte zusammenhängende Waldfläche Mitteleuropas. Der grenzübergreifende Nationalpark Bayerischer Wald / Narodni Parc Sumava verfolgt ein Schutzkonzept, das die natürliche Dynamik der Natur in den Mittelpunkt stellt und auf regulierende Einflüsse des Menschen weitgehend verzichtet.
Unter dem Motto "Natur Natur sein lassen" soll neue Wildnis im Nationalparkgebiet entstehen: ein viel diskutierter, langwieriger Prozess, der weit über die Spanne eines Menschenlebens hinausreicht und seit drei Jahrzehnten zum Disput zwischen Nationalpark-Befürwortern und Gegnern beiträgt.

Es ist für die Einheimischen nicht selbstverständlich, den Wald auf einmal nicht mehr zu nutzen, nachdem man zuvor über Jahrhunderte eine nachhaltige Waldwirtschaft betrieben hat. Ebenso wenig kann man störungsempfindliche Tierarten wie das Auerhuhn, den Wanderfalken oder den Schwarzstorch erhalten, ohne konsequente Naturschutzarbeit zu leisten und Verhaltensspielregeln zu beachten.

Insofern ist das "Unternehmen Wildnis" im Bayerischen Wald eine echte Geduldsprobe und eine Kulturaufgabe erster Güte, die von beiden Seiten - Befürwortern wie Gegnern - die Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit einfordert ... !
Massiver Borkenkäferbefall hat zu einem großflächigen Absterben des bestehenden Bergfichtenwaldes geführt ...
Der Dreizehenspecht (Picoides tridactylus) profitiert zur Zeit vom hohen Totholzanteil. Doch für viele andere Arten ging wertvoller Bergwaldlebensraum auf großer Fläche verloren ...
... bietet die restliche Fläche des Nationalparks genügend Ausweichbiotope ?
Wandert man in den Hochlagen zwischen Lusen und Rachel, so begreift man erst, wie großflächig die vom Borkenkäfer zerstörten Flächen sind - und dass damit schlagartig ein weitläufiges Stück intakter Bergwaldlebensraum verloren ging. Was im Lauf der nächsten Jahre und Jahrzehnte wieder entsteht, werden wir sehen. Momentan fühlt man sich eher wie in einer Savannenlandschaft. Ein weites Gräsermeer folgt nach dem Waldmeer.
Dass man in den Rachelhochlagen aber kaum mehr Wasser, Bäche oder wenigstens kleine Rinnsale findet, gibt einem zu denken: mit dem Verschwinden der Baumkronen wurde offensichtlich die ganze Klimakette des Waldes unterbrochen. Man kann nur hoffen, dass die Natur eine Lösung findet und sich dieses Ökosystem langsam wieder regenerieren wird ...
Roter Fingerhut:
eine Charakterpflanze des Bayerischen Waldes
Wieso hat v.a. die ältere Generation solche Probleme
mit dem Nationalpark und den Borkenkäferflächen ?
Wenn man früher auf einen Bayerwaldberg ging und vom Gipfel in die Landschaft blickte, befand man sich inmitten eines Waldmeeres. Sanfte Wogen aus saftig grünen, lückenlos bewaldeten Bergen erschienen vor dem Auge des Wanderers. Dieser Moment war wie eine "Meditationseinheit des Waidlers".
Diesen Eindruck findet er heute nur mehr an wenigen Stellen so ungestört vor ... und es tut eben im Herzen weh, wenn man ein altbekanntes Stück Heimat verliert. Das sind Emotionen, gegen die keine naturwissenschaftliche Argumentation der Welt ankommt !

Fotografiert auf den Berggipfeln von Lusen, Falkenstein, und Rachel
Nationalpark Bayerischer Wald (Daniel Kufner 2008)